Shakespeares Sommernachtstraum in drei Sprachen!

Unsere schulübergreifende Jugendtheatergruppe „Theater ohne Grenzen" spielte am 10.11.21 „Ein Sommernachtstraum" nach William Shakespeare in den Neuen Kammerspielen Kleinmachnow. Das Projekt wurde gefördert von „Wege ins Theater", dem Projekt der ASSITEJ im Rahmen des Förderprogramms „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung

Es ist eine ungewöhnliche Truppe, die sich auf die große Bühne der Kammerspiele Klein- Ein Sommernachtstraun machnow wagte: Jugendliche mit und ohne Migrationserfahrung haben sich zusammengetan, um eine klassische Komödie aufzuführen. Künstlerisch angeleitet wurde das Projekt von unserem Fachbereich DS (Frau Sissakis) sowie professionellen Künstlerinnen und Künstlern (Regie: Gian Andrea Scarello / Schauspiel-Coaches: Jasmin Hassane und Matteo Forni).

Die Grundidee unserer interkulturellen Truppe ist es, Theaterspielen als Anlass zu nehmen, um Kontakt und Gemeinschaft zu stiften unter Leuten, die sich sonst eher nicht begegnen würden. Die 19 Spieler*innen im Alter von 12 bis 17 Jahren stammen aus drei verschiedenen Schulen der Region und sprechen insgesamt fünf verschiedene Muttersprachen. So wird auf der Bühne nicht nur deutsch gesprochen. Das verliebte und verstrittene Elfenkönigspaar spielte ihre Rollen z.B. auf Dari-Persisch, eine der Amtssprachen in Afghanistan. Diese Inszenierungsidee betonte das Zauberhafte des nächtlichen Wald-Spukes, den Shakespeare auf die Bühne brachte und war uns vom Zufall geschenkt worden: Die beiden Darsteller sind in Wahrheit Geschwister und erst vor kurzem nach Deutschland gekommen. Wie probt man mit einem mehrsprachigem Jugendensemble? Ohne die Hilfe von Ehrenamtlichen, wie Najeebullah Trarakhil, der als Dolmetscher zur Verfügung stand, wäre das nicht möglich gewesen. Hinter dem Projekt steht unsere Kooperation mit dem ClaB Stahnsdorf, den Neuen Kammerspielen Kleinmachnow und der Grace-Hopper-Gesamtschule. Auch das Hoffbauer-Gymnasium hat sich dem Projekt mit Begeisterung angeschlossen.

Die Initiative „Theater ohne Grenzen" geht auf den Beschluss unserer Lehrerkonferenz aus dem Jahr 2015 zurück, dass wir uns an der Schule künftig gezielt für die Integration von Geflüchteten gezielt einsetzen wollen - ein Anliegen, das mit den neuesten Entwicklungen der Politik hohe Aktualität hat. Getragen wird dieses Anliegen seither vom Engagement unserer Theaterschü-ler*innen und ihrer Lehrerin. Mit dieser Aufführung geht unsere Initiative bereits in die dritte Runde! 2019 wurden erstmals anlässlich der 10-Jahresfeier des Vicco-von-Bülow-Gymnasiums Jugendliche der Willkommensklasse aus der Gesamtschule in Teltow zum Aufführungsprojekt geladen. In Werder erhielt diese Truppe 2019 den Jugendkulturpreis des Landkreises, was die Begeisterung für eine Fortsetzung der Truppe weckte. Das zweite Vorhaben 2020 wurde leider gestoppt vom ersten Corona-Lockdown. Doch weder das Leitungsteam noch die Spieler:innen haben aufgegeben. So ist z.B. Iman Ahmedi wieder dabei, der 2019 die Rolle des Pierrot verkörperte, 2020 Arlecchino spielte und jetzt als Demetrius im Sommernachtstraum zu sehen war. Auch Sandy Sommer und Alina Kehrenberg waren zum zweiten Mal dabei, jetzt als Hermia und Helena. Sie und Iman wechselten geradezu mühelos von Deutsch zu Englisch als Bühnensprache.

Hinter uns liegen intensive Proben in den Sommer- und Herbstferien: Texte einstudieren, Choreographien entwickeln, Gesang üben und Szenenabläufe zu fixieren, das alles ist harte Arbeit. Die notwendige Einhaltung der pandemiebedingten Hygieneregeln machte all das nicht einfacher. Zudem war die Ausstattung selbst anzufertigen. Sofia klink, die eine Elfe spielt, hat kurzerhand ihre Nähmaschine mitgebracht, Röcke und Flügel genäht. Der Inszenierung merkte man hochkarätige Unterstützung an. Der Frankfurter Regisseur G.A. Scarello hat unseren DS-Bereich schon mehrfach bei Theaterprojekten unterstützt. Dieser Einblick in professionelles Arbeiten am Theater war der ganz besondere Lohn unserer Theaterschüler*innen für die viele Zeit und Mühe, die investiert wurde.

Grenzenlos ist unser Theater, insofern es die Grenzen vergessen lassen soll - nationale, kulturelle, Grenzen, die einem Vorurteile oder Unkenntnis setzen, auch ganz persönlich im Kontakt mit anderen Menschen. Wir alle kennen das und genau diese Grenzen verschwimmen im Projekt. Man hat in der Truppe ein gemeinsames Ziel, auf das man hinarbeitet, in dem die Ideen und kreativen Höhenflüge aller Teilnehmenden willkommen sind. Steht man zur Aufführung erst auf der Bühne, dann wissen alle Beteiligten, dass der Erfolg im Theater immer ein gemeinsamer ist, dass es auf das Zusammenspiel ankommt. Strukturellen Rassismus oder nationale Überheblichkeit überwinden wir spielend - sie stünden uns einfach im Wege bei der Arbeit. Wir lernen uns bei der intensiven Arbeit viel besser kennen als es die Stereotype sonst zulassen. Theaterspielen ist Leidenschaft und das können nach der langen Zeit der Isolation in der Pandemie alle gut gebrauchen.

Wir hoffen sehr, dass die Initiative fortgeführt werden kann und größere Resonanz und Unterstützung erfährt. Setzen wir uns ein für Zusammenhalt in unserer Gesellschaft und Solidarität mit Geflüchteten. Macht mit in unserem „Theater ohne Grenzen". Wir wollen eine neue Runde wagen! Denn: Friedensarbeit und Völkerverständigung beginnt bei uns selbst.

Dr. Manuela Sissakis